Kai Indorf – Pädagoge und KIDE-KIEL

kai indorfIch bin im Rahmen des Präventionsunterrichts seit 2004 als Referent für das BÜNDNIS KLAR SCHIFF tätig.

Im Rahmen meines Hauptberufes als Pädagoge für einen freien Träger der Jugendhilfe in Kiel mit dem Schwerpunkt Erziehungshilfen kam ich bei der Leitung eines Graffitiprojektes an der Außenfassade des Freibades Katzheide mit der Kunst aus der Sprühdose in Berührung.

Zunächst nur mit Organisations- und Logistikaufgaben beschäftigt, erfasste mich die Faszination für die Sprüherei nach kurzer Zeit und ich konnte im Rahmen eines Workshops bei Jase, einem erfahrenen Sprüher aus Hamburg, erste Grundkenntnisse und –fertigkeiten mit der Dose erwerben. So erlaubte ich mir, meinen ersten Style dort auf die Außenmauer aufzubringen. Im Anschluss an das Projekt, das von umfangreicher Berichterstattung begleitet wurde, bekam das Team eine ganze Reihe von Auftragsanfragen.

kide 4Da die Jugendlichen zunächst begeistert waren, sich und ihre Fertigkeiten legal und gegen Geld auch auf andere Wände aufzubringen, organisierte ich die Aufträge und musste dann feststellen, dass „meine Maler“ leider sehr unzuverlässig waren. Sie waren nur bereit, bestimmte Motive, meist ihre eigenen Styles, zu malen und entschieden nach Lust und Laune, ob sie vor Ort erschienen. So waren verbindliche Vertragszusagen eigentlich nicht möglich. Daher entschied ich mich, selbst zu einem Fachmann für das Sprühen zu werden.

Da der fachliche Standart unter den Writern eher niedrig anzusiedeln war, denn die meisten malten immer die gleichen styles, ging ich einen anderen Weg. Ich begann mich mit den Grundlagen des Zeichnens zu beschäftigen und entdeckte nach kurzer Zeit den kleinen Bruder von Graffiti, Airbrush. Das sprühen mit der Sprühpistole hatte Anfang der 90iger Jahre des 20. Jahrhunderts ein relatives Zwischenhoch, was durch eine Reihe von Publikationen zum Ausdruck kam. Hier konnte ich Grundkenntnisse der Bildgestaltung, des Aufbaus von Sprühbildern und der Farbenlehre und Farbgestaltung erwerben. Die Anschaffung eines Kompressors, sowie diverser Sprühpistolen ermöglichten mir dann, meine Fähigkeiten auszubauen.

kide 1Meine große Leidenschaft blieben aber die riesigen Wandbilder, die schon aus Kostengründen nur mit der Dose zu machen waren. Ich erlaubte mir aber, die beiden Disziplinen zu verbinden und beispielsweise auch Schablonen beim Sprühen mit der Dose (was für ein Sakrileg!) zu benutzen.

Die Farben aus der Dose waren bis zur Jahrtausendwende teilweise so schlecht deckend, dass es sogar möglich war, damit lasierend zu malen. Dies hat sich allerdings inzwischen geändert! Auch die Anzahl der Farbtöne ist fast ins grenzenlose gewachsen. Legten wir früher sogar Sprühdosen in den Kühlschrank, um durch unterschiedliche Temperaturen und den Einsatz von Kugelschreiberminen (zum Umfüllen von einer in die andere Dose) Farbtöne herzustellen, genügt heute ein Blick in das Angebot der einschlägigen Anbieter, um die gewünschten Farbtöne zu bestellen.

Die Auftragsanfragen gingen in der Regel stets in Richtung Wandbilder, die selten oder nie Styles enthalten durften. Die Leute, die Styles mochten, hatten kein Geld, um dafür zu bezahlen und die Leute, die Geld hatten, um dafür zu bezahlen, mochten keine Styles.

Auftragsorientiert entwickelte ich mich in Richtung der murals unter Verwendung des tags Kide www.kide-kiel.de. Parallel dazu nahm ich wahr, dass die Sprüher aus der Kieler Szene ständig am Rand der Legalität malten oder illegal tätig wurden, da es kaum legale Flächen für sie gab. Ich begann mich dafür zu engagieren, ihnen legale Möglichkeiten zu eröffnen. Ich bot Projektwochen an Schulen an, führte Graffitiprojekte für verschiedenste Träger durch und war die ganze Zeit über als legaler Auftragssprüher, meist mit auffälligen Jugendlichen im Großraum Kiel und Rendsburg aktiv.

Nach der Jahrtausendwende wurden diese legalen Projekte nicht mehr von der Stadt Kiel gefördert, da die politische Toleranz dafür dort nicht mehr vorhanden war. Ermutigend waren damals die Bemühungen des Jugendinformationsbüros an der Gablenzbrücke, vertreten durch Thorsten Qualen und später Rainer Jucknies, die sich bemühten, legale Aufträge an sonst illegal tätige Sprüher zu vermitteln, sowie ihnen auf dem Hinterhof der Einrichtung einen Ort für legales Sprühen zur Verfügung zu stellen. Anderen Initiativen scheiterten an den Verantwortlichen der Stadt Kiel, die die Schaffung von legalen Plätzen und Wänden in Kiel ablehnten, um nicht noch mehr Sprüher nach Kiel zu holen.

Während dieser Zeit wurde das Bündnis KLAR SCHIFF gegründet, das neben der Reinigung bereits besprühter Flächen die Entkriminalisierung und vorbeugende Arbeit mit potentiellen SprüherInnen zum Ziel nahm. Nachdem zunächst insbesondere Thorsten Qualen und verschiedene Polizeibeamte mit einem gemeinsamen Konzept zur Prävention einige Schulen bereisten, übernahm ich die pädagogische Seite dieses kostenfreien Angebotes. Finanziert wurde dieser Unterricht von der Stadt Kiel und dem Rat zur Kriminalitatsverhütung, die bis heute dafür sorgen, dass dieser Unterricht angeboten werden kann.

2006 überdachten wir die Konzeption und entwickelten gemeinsam mit der Polizei den Ansatz, jeweils die 7. und 8 Klassenstufe anzusprechen, da die Kinder und Jugendlichen dann in dem Alter waren, in dem sie an der Schwelle zu delinquentem Handeln standen. Es wurde der Versuch unternommen, möglichst flächendeckend also an allen Kieler Schulen diesen Unterricht anzubieten, um eine große Breitenwirkung zu erzielen. Dies konnte dann auch in großem Umfang umgesetzt werden. In der Folge ging die Kriminalität auf diesem Gebiet erheblich zurück.

Im Jahre 2010 entwickelte ich, basierend auf den Erfahrungen der letzten 10 Jahre, 2 neue Konzeptionen, die durch große Authenzität und Realitätsnähe die Kinder und Jugendlichen ansprechen und dadurch ihre Entwicklung positiv beeinflussen sollen. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Weiterentwicklung dazu beiträgt, nachhaltige Wirkungen bei Ihnen auszulösen und delinquentes Verhalten durch diese Art der Sachbeschädigung vermeiden zu helfen.

Fester Dispositionspunkt war über alle Jahre zum Schluss der Veranstaltungen die Beratung, wie sich der Wunsch, mit der Dose zu malen, in legalem Rahmen umsetzen lässt, so dass hier noch einmal darauf hingewiesen werden kann, dass es nicht darum geht, eine Kunstform zu dämonisieren, sondern die gesellschaftlich bedenkliche Erscheinungsform des illegalen Sprühens zu bekämpfen.

Kai Indorf (Kide)

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