KLAR SCHIFF - Das Kieler Bündnis gegen illegale Graffiti

plakat 200x254Käme ein gänzlich kulturfremder Besucher in unsere Großstädte, würde er zu dem Schluss gelangen, dass die Bewohner dieser Städte offenbar eine große Vorliebe für bizarre und schwer dekodierbare Zeichen an Wänden haben.

Wahrscheinlich wäre er überrascht, wenn er erführe, dass – bis auf eine anders wertende Minderheit – die Bewohner dieser Städte solche gesprayten Zeichen keineswegs sonderlich schätzen. (Quelle: Was macht Spaß am Graffiti-Sprayen?: Eine induktive Anreizanalyse)

 

Für das Erscheinungsbild unserer Städte sind wir alle ganz entscheidend mitverantwortlich!


In einer gemeinsamen Initiative haben im Juli 2001 die Kieler Polizei und die Landeshauptstadt Kiel ein Projekt zur Beseitigung und Verhinderung von Farbschmierereien ins Leben gerufen. Am 08. Februar 2002 wurde das Projekt KLAR SCHIFF – Kieler Bündnis gegen illegale Graffiti im Kieler Rathaus der Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Projektbeschreibung

ueber uns 2

Der Wohnwert eines Objektes bestimmt die Rentabilität und ein Faktor ist der optische Eindruck. Gebäude mit beschmierten Wänden, Haustüren oder Treppenhäusern werden schnell als asozial eingestuft. Potentielle Mieter sind nicht mehr gewillt einzuziehen. In der Folge entsteht eine Verslummung. Regressansprüche sind selten durchsetzbar und den Geschädigten bleibt in der Regel nur die Beseitigung auf eigene Kosten. Private Haus- und Grundeigentümer sind in gleichem Maße betroffen, wie Unternehmen der Wohnungswirtschaft.

Seit Ende der 90er Jahre verzeichnete auch die Kieler Polizei, dem Landes- und Bundestrend folgend, eine starke Zunahme von Farbschmierereien. Die Landeshaupstadt Kiel umfasst einen geographischen Bereich von 11.246 ha (ohne Wasserfläche der Förde). In diesem Bereich ist eine Wohnbevölkerung von ca. 240.000 Menschen in 30 Stadtteilen ansässig, die etwa zu gleichen Teilen in Mietobjekten wohnen bzw. Haus- und Wohnungseigentümer sind.

BushaltestelleDie verschmierte Umgebung erzeugte ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit und ist erstes sichtbares Zeichen für einen gesellschaftlichen Gesamtzustand. In der Literatur ist dieser unter dem Begriff BROKEN WINDOWS-THEORIE beschrieben, die Lehre von den zerbrochenen Fensterscheiben, welche sowohl einfach als auch einleuchtend erscheint: Wird eine zerbrochene Fensterscheibe in einem Haus nicht schnell repariert, sind dort bald alle Scheiben zerbrochen. Wird auf der Straße nicht gegen Vandalismus, bettelnde Obdachlose, Verfall und Unordnung vorgegangen, wird dies als Zeichen gewertet, dass sich niemand um diese Straße kümmert. Es kommt zur Verwahrlosung dieses Bereiches und zu einer Infrastruktur für Kriminalität. Das Phänomen Graffiti war bislang auch durch die vereinzelte Festnahme von „Sprayern“ nicht zurückzudrängen.

Eine Straftatenauswertung der Kieler Polizei für den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2002 kommt zu dem Ergebnis, dass 4.762 Fälle innerhalb des Stadtbereiches erfasst wurden, wobei nicht alle Stadtteile gleichermaßen betroffen waren.

Alle Versuche des Verdrängens von Graffiti aus dem Stadtbild, waren bis dahin gescheitert. Aus diesem Grunde waren neue Wege in der Bekämpfung illegaler Graffiti erfoderlich. Nach eingehender Betrachtung verschiedenster Anti-Graffiti-Modelle anderer Länder, Kommunen und Polizeien, war festzustellen, dass in einer Vielzahl der Modelle die Erfolgskontrolle fehlte. Und somit keinerlei Aussagen über die nachhaltige Wirkung der Projekte getroffen werden können. Lediglich ein Projekt ist nach diesen Recherchen positiv verlaufen; 

„Look, listen and tell“ Graffiti - Bekämpfung in Rijpelberg (Helmond) -Niederlande

 Rijpelberg ist ein Vorort von Helmond, in dem etwa 3.300 Einwohner leben, die etwa zu gleichen Teilen in Mietobjekten wohnen bzw. Hauseigentümer sind. 1993 wurde die Bürgervereinigung „Rijpelberg Residents Association“ gegründet. Die Aktivitäten der Vereinigung konzentrierten sich auf zwei Hauptgebiete:

  • die Sicherheit und Erhaltung des Viertels und
  • die Organisation von Aktivitäten für Jugendliche

1996 startete die Bürgervereinigung einen Fünf-Jahres-Plan zur Bekämpfung des Graffiti-Problems. Über Jahre erlebte Rijpelberg eine Zunahme von illegaler Graffiti. Die durch Farbschmierereien verunstaltete Umgebung erzeugte ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit bei den Bewohnern. Rüpelhaftes Benehmen, Drogenmissbrauch, Vandalismus, Diebstahl und Raub nahmen zu. Obwohl die Polizei verstärkt auf das Problem achtete und auch einige Straftäter festnehmen konnte, bekam man das Problem der Schmierereien nicht in den Griff. Im Zuge dieser Gesamtentwicklung war es über die Zusammenarbeit von Gemeindeverwaltung und zweier Wohnungsunternehmen bereits zur Gründung von zwei Unternehmen zur Graffiti-Beseitigung gekommen. Nach diversen Verhandlungseinheiten konnte im Mai 1996 ein kollektiver Anti-Graffiti-Vertrag abgeschlossen werden, der es sowohl Firmen als auch privaten Hauseigentümern ermöglichte, gegen eine Summe von 10 Gulden pro Jahr jedes Graffiti sofort entfernen zu lassen.

Dem Projekt wird ein fast vollständiges Verschwinden von illegaler Graffiti zugeschrieben. Nur noch an wenigen Orten gab es neue Verschmutzungen, die sofort entfernt wurden. Neben den Graffiti bezogenen Erfolgen wurde ganz allgemein Kleinkriminalität zurückgeführt und das Sicherheitsgefühl verbessert. Polizeilicherseits wurde die zunehmende Anzeigebereitschaft in Zusammenhang mit Graffiti betont. Die Festnahme von 14 Straftätern wird ebenfalls der Initiative „Look, listen und tell“ zugeschrieben.

Das Projekt offerierte jedem neuen Käufer in dem betroffenen Gebiet die Anti–Graffiti–Versicherung. 1997 wurde dieses Projekt zusammen mit vier anderen von der niederländischen Seite für den Europäischen Präventionspreis (European Crime Prevention Award) nominiert.

 

Die Idee

  • Die ganzheitliche und gesamtgesellschaftliche Betrachtung des Phänomen Graffiti unter Einbeziehung der BROKEN WINDOWS-THEORIE.
  • Das Aufzeigen und Erarbeiten von Lösungsmöglichkeiten aus Sicht der Polizei unter Beteiligung einer größtmöglichen Anzahl von Kooperationspartnern auf kommunaler Ebene, bei einhergehender wissenschaftlicher Begleitung dieses Projektes.

 

Die Ziele

  • Deutliche Verringerung von Graffiti-Delikten
  • Herstellung bzw. Vertiefung des Problembewusstseins in der Gesellschaft
  • Herstellung bzw. Erhöhung der Bereitschaft zur Mitarbeit am Projekt bei möglichen Kooperationspartnern
  • Hebung des Sicherheitsempfindens Beschleunigte Ahndung festgestellter Verstöße
  • Standortbestimmung zu legalen Flächen

    Standortbestimmung zu legalen Flächen

 

Die Maßnahmen

  • Erstellung und Fortschreibung eines polizeilichen Lagebildes
  • Umfassende Information und enge Kooperation mit kommunalen Ämtern, Parteien, Stadtteilvertretungen, Vereinen, Verbänden und sowie der regionalen Wirtschaft
  • Umfassende Information und Anregung der Bevölkerung zur Mitarbeit am Projekt
  • Säuberung verschmutzter Flächen
  • Umgehende Beseitigung neuer Verunreinigungen
  • Einrichtung einer „Anti–Graffiti–Versicherung"
  • Einrichtung einer zentralen Graffiti-Meldestelle
  • Polizeiliche Schwerpunktbildung und Erhöhung des polizeilichen Flächendruckes Beschleunigte Ahndung festgestellter Verstöße

 

Die Kooperationspartner

  • Polizei Kiel
  • Landeshauptstadt Kiel
  • Stadtteilvertretungen
  • Parteien
  • Vereine
  • Verbände regionale Wirtschaft
  • örtliche Presse
  • Bevölkerung

 

Auftaktveranstaltung

Zur Gewinnung weiterer Kooperationspartner, wurden zu einer Auftaktveranstaltung am 09.07.2001 insgesamt 147 Organisationen und Verbände eingeladen. Dreizehn der eingeladenen Institutionen konnten nicht teilnehmen, bekräftigten aber ihr Interesse am Projekt. Lediglich zwei teilten mit, dass sie keinerlei Interesse hätten. Letztendlich waren bei der Auftaktveranstaltung 113 Teilnehmer von insgesamt 81 Institutionen vertreten. Das vorrangige Ziel dieser Veranstaltung, Problembewusstsein zu erzeugen, wurde erreicht. Die Beteiligten begrüßten ausdrücklich, dass die Initiatoren das Thema „illegale Graffiti“ in Kiel aufgegriffen haben. Es bestand Einvernehmen, dass dieses Problem in Zusammenarbeit aller gesellschaftlich relevanten Gruppen angegangen werden muss.

 

Bildung einer Projektgruppe

Am 26.09.2001 fand im Kieler Rathaus eine erste Projektgruppensitzung derer statt, die eine Mitarbeit beim Projekt angestrebt hatten. Seitens der Polizei und der Landeshauptstadt Kiel wurde zunächst ein Projektstrukturvorschlag für die zukünftige Arbeit in Arbeitsgruppen vorgestellt. Dieser Vorschlag wurde seitens der anwesenden Beteiligten nach Erörterung angenommen. Es bildeten sich aus dem Kreis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Projektgruppe drei Arbeitsgruppen mit den Aufgabenbereichen:

  1. Projektentwicklung
  2. Öffentlichkeitsarbeit
  3. Prävention / Repression

Darüber hinaus wurde eine Koordinierungsstelle eingerichtet.

 

Projektgruppe

Die Projektgruppe setzt sich aus allen Bündnispartnern zusammen. Diese Veranstaltungen dienen insbesondere der Information und der offenen Diskussion der Partner unter- und miteinander. Weiterhin sollen innerhalb der Projektgruppe Grundsatzentscheidungen jeglicher Art das Kieler Bündnis betreffend herbeigeführt werden.

 

AG Projektentwicklung

In dieser Arbeitsgruppe sind Vertreter der Landeshauptstadt Kiel, der Kieler Polizei, der Kieler Wohnungswirtschaft und dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr S-H vertreten. Innerhalb dieser Arbeitsgruppe erfolgt die strategische Ausrichtung des Bündnisses. Zu der Grundsätzlichkeit der Bündnisfinanzierung wurde einvernehmlich festgestellt, dass eine Anti-Graffiti-Versicherung auf dem Versicherungsmarkt nicht angeboten, bzw. zu nicht wirtschaftlichen Konditionen angeboten wird. Auch die Möglichkeit einen Selbsthilfepool aller Partner einzurichten, um durch dieses Modell eine Finanzierung der geplanten Reinigungsaktionen herbeizuführen, wurde verworfen. Im Ergebnis bleibt folgendes festzustellen: Jeder Haus- bzw. Grundeigentümer ist für die Beseitigung von illegaler Graffiti im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst verantwortlich. Weiterhin wurde Übereinstimmung erzielt, ein Bündnis gleichwertiger Partner zu etablieren, ohne eine Rechtsform dieser „Interessengemeinschaft“ zu schaffen. Die Arbeitsgruppe kam im Weiteren überein, dass flächendeckende Reinigungsaktionen im gesamten Stadtgebiet logistisch nicht realisierbar sind und zunächst in einem geographischen Teilsausschnitt eine Reinigungsaktion mit pilotartigem Charakter installiert werden soll. Einvernehmlich wurde festgestellt, weitere Reinigungsaktionen ebenfalls in geographischen Teilausschnitten zu forcieren.

 

AG Öffentlichkeitsarbeit

ueber uns logoDer erste und wichtigste Arbeitschritt war die Entwicklung eines gemeinsamen Lable. Der Slogan KLAR SCHIFF – Kieler Bündnis gegen illegale Graffiti wurde hier kreiert und anschließend durch die Kieler Werbeagentur Heyne, Lippert und Team als Logo umgesetzt.

Zur Gewährleistung einer einheitlichen Erreichbarkeit des Kieler Bündnisses wurde in den ersten Jahren der Bündnisaktivitäten eine gebührenpflichtige Hotline mit Unterstützung der Deutschen Telekom eingerichtet und gemeinsam durch die Polizei und die Landeshauptstadt Kiel betreut. Diese telefonische Erreichbarkeit wurde Mitte 2007 aufgrund mangelnder Nachfrage eingestellt.

Bereits kurz nach der öffentlichen Vorstellung des Kieler Bündnisses am 08.02.2002 wurde eine eigene Homepage www.klarschiff-kiel.de installiert, auf dem sich Interessierte themenorientiert informieren können. Diese erste Homepage ist seit dem Herbst 2010 vollständig überarbeitet und dem WEB 2.0 Standard angepasst. Neben allgemeinen Informationen zu dem Bündnis und seinen Zielen, sind hier vielfältige zielgruppenorienterte Informationen abrufbar.

 

AG Prävention / Repression

Die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur verhaltensorientierten Prävention, die Verbesserung der Zusammenarbeit der mit Prävention befassten Institutionen sowie die Verfahrensbeschleunigung der an der Repression beteiligten Institutionen, sind die Aufgabenbereiche dieser Arbeitsgruppe. Die AG entwickelte auf 7 Sitzungen u.a. in Zusammenarbeit mit der AG Öffentlichkeitsarbeit die themen- und zielgruppenorientierten Bündnis-Flyer. Ferner wurde ein Unterrichtskonzept für die Sekundarstufe I (hier: 6. – 9. Klasse) entwickelt und im weiteren Verlauf durch MitarbeiterInnen des Kieler Jugendamtes und der Kieler Polizei gemeinsam als Team auftretend, an Kieler Schulen umgesetzt.

Standortbestimmung zu legalen Flächen


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